15. April 2010, Innsbruck

Ausstellungseröffnung aut.raumproduktion - verteidigen, 20h, aut. architektur und tirol, Innsbruck

Michl Schmidt und Peter Wendl: Verteidigung des Normalzustands

Kurator: Matthias Böttger

 

[verteidigen] – Besitz, Anrechte, Status, Argumente, Freiheit wird verteidigt. Der im eben noch scheinbar offenen, ungeordneten Raum abgesteckte Claim wird nicht wieder hergegeben. Verteilungskämpfe von Raum und Ressourcen sind von Verteidigungsmaßnahmen bestimmt. Manche Schutzmaßnahmen haben dabei weniger einen defensiven Charakter sondern drücken aggressiv die Möglichkeit eines präemptiven Schlages aus. Die Freiheiten und Chancen Aller zu verteidigen steht oft in direktem Widerspruch zu individuellen Sicherheits- und Kontrollbedürfnissen. Not In My Backyard sollen die Probleme dieser Welt behandelt werden. Und doch können wir wohl nicht tatenlos zusehen, wie unsere Welt segregiert und in Teile zerfällt. Verteidigen heißt dann nicht beharren auf Altem sondern Neues wagen, um Vielfalt und Zukunftsfähigkeit nachhaltig zu erhalten. (raumtaktik)

aut.haussegen


Michl Schmidt + Peter Wendl: Verteidigung des Normalzustands

Was ist der Normalzustand? Könnte man sagen, fühlt sich der Mensch wohl in seiner Umgebung, hat er den Normalzustand erreicht?

Ich denke, der Normalzustand ist vielmehr da, als dass man ihn erreicht. Ich meine, man hat vorher eigentlich keine Vorstellung vom Ziel. Also von dem, was der Normalzustand sein soll. Dieser schleicht sich eher ein, als dass er bewusst hergestellt wird.

Das mit dem Einschleichen stimmt. Aber prinzipiell ist der Normalzustand – zumindest aus menschlicher Perspektive – ja nicht einfach da. Die Tatsache, dass der Mensch ihn immer verteidigen muss, zeigt ja, dass der Normalzustand immer im Zerfallen begriffen wäre, wenn man nicht gewillt ist, ihn immer wieder herzustellen bzw. ihn aufrechtzuerhalten. So wird das geordnete Zimmer als Normalzustand bezeichnet und nicht das chaotische, obwohl es doch genau anders herum sein müsste: Eigentlich ist ja das Chaotische das Normale, weil es sich immer wieder von selbst einstellt und statistisch häufiger auftritt als das Geordnete. Angenommen ich habe fünf rote und fünf blaue Kugeln und werfe sie auf den Boden. Dann ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass die Kugeln „durcheinander“, also nicht nach Farben getrennt, liegen bleiben.

Die Ausstellung „Verteidigung des Normalzustands“ untersucht Symbole des Normalzustands, ihre Etablierung und ihre Funktion in Krisen des Normalen. Besonders in diesen Krisen entsteht das Phänomen einer Betonung des Symbolischen, was zu einer paradoxen Verzerrung führt: Das Festhalten an etwas bereits Hinfälligem. Dadurch können diese Symbole als Tarnung einer ins Wanken geratenen Normalität dienen, oder auch Selbsttäuschung sein, die suggeriert: Alles normal!! Die im Ausstellungsraum gezeigten Gegenstände und Objekte besitzen neben ihrer offensichtlichen Erscheinung eine Doppelbödigkeit, deren Funktionen zwar nicht die Erwartungen der jeweiligen Erscheinung erfüllen, aber dennoch einen Beitrag zur Normalität liefern, oder anders gesagt den Normalzustand mit nicht normalen Mitteln erhalten.


michl schmidt
geb. 1973; 1991 – 94 Ausbildung zum Steinmetz; 2001 – 06 Studium der Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg; 2006 – 09 Lehrauftrag, AdbK Nürnberg; 2009 – 10 Stipendiat an der Akademie Schloss Solitude; Zahlreiche Ausstellungen und Projekte u. a. 2005 „Blühbungen“, Galerie Lothringer 13 München der forschungsgruppe_f; 2006 Performance „the world is a disk“, Blaue Nacht 06 Nürnberg; 2008 Ausstellungskollaboration CRAP, Akademiegalerie Nürnberg

peter wendl
geb. 1980; 2001 – 07 Studium der Malerei und Kunsterziehung sowie 2003 – 07 Kunst und Öffentlicher Raum an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg; 2005 – 06 Medienkunst an der HfG Karslruhe; seit 2008 künstlerischer Mitarbeiter der AdbK Nürnberg; Ausstellungen u. a. 2005 „Mash Center“, Kunstverein Hildesheim; 2006 „Kolonialismus ohne Kolonien“, Shedhalle, Zürich; „Scharf schießen“, 3hoch3, Nürnberg; 2007 „Little Hungary“, Reactor Galerie, Budapest; „Offene Klimastation“, Nürnberg; 2008 „Vertrautes Terrain“, mit CRAP und raumtaktik, ZKM, Karlsruhe
 

Eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Akademie Schloss Solitude

 

Veranstaltungsreihe

aut.raumproduktion

 

Link

Akademie Schloss Solitude