„Venedig ist mit seiner Architekturbiennale immer wieder ein Ort ausgerechnet der Gemeinplätze, schon längst nicht mehr der Locus amoenus der Architektur-Avantgarde, sondern eine besonders gute Stube des architektonischen Product Placement. „Updating Germany – Projekte für eine bessere Zukunft“, lautet das deutsche Pavillonmotto 2008 – und man atmet auf, wenn man sieht, wie die beiden Kuratoren, Friedrich von Borries und Matthias Böttger, sich nicht von all den gleißenden Fassaden des globalen Architekturbusiness haben blenden lassen, sondern das Biennalemotto ernst genommen haben: Out there: Architecture beyond Building.
[...] Es geht nicht um Lebensstilfragen, auf die der Designer mit flottem Kalkül losgelassen wird. Ja, allen Ankündigungen zum Trotz, geht es eben nicht um die Spiritualisierung von Architektennamen oder Ästhetisierung von Architekturprodukten. Vielmehr stellt man sich, angesichts der sozialen Herausforderungen der ökonomischen Krisen und ökologischen Misere, der globalen Unbehaustheit.
[...] Und so viel ist Gewiss: keine gute Aussichten ohne das Vertrauen in Umwege. Denn im Deutschen Pavillon haben die Zukunftskonzepte etwas Vagabundierendes. Zum „Updating Germany“ gehört, dass allein die streunenden Perspektiven dem Suchenden treu bleiben.“
Frankfurter Rundschau, 13.09.2008, Christian Thomas
„ [...] Das gilt keineswegs für den deutschen Pavillon, der sich so konsequent wie kaum eine andere Länder-Darstellung der Ökologie verschrieben hat. Geschickt unterläuft die hintergründige Inszenierung in Form eines zeichenhaft aus dem Gleichgewicht geratenen Mobiles (kuratiert vom Berliner Büro Raumtaktik) die Gefahr deutscher Oberlehrerhaftigkeit. Wer Primus ist in der Umwelttechnologie, könnte allzu leicht dazu neigen, eine Art Bestenliste deutscher Öko-Streberei vorzuführen. Aber Friedrich von Borries und Matthias Böttger haben sich für das Gegenteil entschieden: für die kleinen Schritte und Handreichungen. Was sie anregend präsentieren, trägt daher den Titel „Updating Germany“.“
Süddeutsche Zeitung, 13./14.09.2008, Gerhard Matzig
Der Deutsche Pavillon, verantwortet von den beiden Jungstars des gerade einmal fünf Jahre alten Berliner Büros „raumtaktik“, Friedrich von Borries und Matthias Böttger, steht unter dem Thema „Updating Germany. Projekte für eine bessere Zukunft“. Man muss es den beiden 33-jährigen Bau-, Stadt- und Umweltplanern hoch anrechnen, dass sie sich nicht an der Architektur des ach so furchtbar nazistischen „Padiglione Germania“ vergangen haben, womit frühere Architekten und Künstler ihre Ideenarmut auszustellen pflegten. Stattdessen stellen sie zwanzig Projekte vor, um mögliche Antworten auf fünf Grundfragen zu geben, darunter: „Wie wollen wir leben?“ und „Was können wir tun?“ Das ist von einer Grundsätzlichkeit, die man getrost einem deutschen Nationalcharakter zurechnen kann. Doch es wird kein Zeigefinger erhoben, sondern mit den Methoden der Kommunikationstechnik gearbeitet. „Wir müssen den Fünf-Minuten-Besucher einfangen!“, erklärt von Borries in einem Schnellrundgang von druckreifer Beiläufigkeit. Der Mann ist eloquent, überzeugend, rundweg sympathisch, und wenn alle hiesigen Weltverbesserer so aufträten, müsste einem um die Zukunft des Standortes Deutschland nicht bange sein.“
Der Tagespiegel, 13.09.2008, Bernhard Schulz
„ [...] denn es geht auch dort nicht um Baukunst, sondern um knappe Ressourcen und Geostrategien. Die deutschen Generalkommissare Friedrich von Borries und Matthias Böttger haben hier so etwas wie eine Materialsammlung darüber zusammengetragen, wie es auf dem Gebiet weitergehen könnte, das von Rem Koolhaas als Ornament unserer Gegenwart bezeichnet worden ist, nämlich dem der Ökologie und der so genannten Nachhaltigkeit.“
„ [...] Das Erfreuliche am deutschen Pavillon ist, dass er die dem Gutgemeinten innewohnenden Abwägungskonflikte programmatisch offen legt. Und gerade Positivbeispiele wie der Prototyp eines luftreinigenden Fassadenornaments von dem nicht umsonst so genannten Büro „Elegant Embellishments“ zeigen: die ästhetische Unzulänglichkeit des Ökologischen und Nachhaltigen (es fängt mit den Begriffen an und wird bei dem Versuch, ein „Solarbier“ zu vermarkten, nicht besser) – das wird die entscheidende Herausforderung der nächsten Jahre sein.“
Frankfurter Allgemeine SonntagsZeitung, 14.09.2008, Peter Richter
„Auch im Inneren des deutschen Pavillons, der von den jungen Architekten des Berliner Büros Raumtaktik, Friedrich von Borries und Matthias Böttger, kuratiert wird, zeigt man Sinn für Humor. Die Ernsthaftigkeit des architektonischen Gutmenschentums, das unter dem Motto „100 projects for a better future“ steht, wird auf amüsante Weise gebrochen von der Installation eines kleinen Hains von Apfelbäumen, die allesamt am Infusionstropf hängen. Die Botschaft ist eindeutig: Unser Paradies ist längst auf der Intensivstation gelandet.“
welt.de, 14.09.2008, Britta Nagel
„Um der Ausstellung gerecht zu werden, muss man sie in Ruhe und mit viel Aufmerksamkeit betrachten und am besten den Katalog zur Hand nehmen. Dann entdeckt man in der „zerrütteten Welt“ so manchen beachtlichen Ansatz in Sachen Zukunftsperspektive „Made in Germany“.“
detail.de, 15.09.2008
„Dass die Menschheit sich mit aller Kraft und Energievergeudung in die Existenzkrise steuert, ist unübersehbar. Wenn also im deutschen Pavillon auf der Architekturbiennale in Venedig große, von der Decke hängende Mobiles aus dem Gleichgewicht zu geraten scheinen, ist das ein sehr passendes Bild der Situation.
[...] Es gibt also Hoffnung – wenn man das entsprechende Design als Stütze versteht. Und wenn man bereit ist, viele kleine Schritte zu gehen statt immer wieder von der großen Utopie zu träumen.“
Berliner Zeitung, 17.09.2008, Nikolaus Bernau
„So wie viele andere ihrer Generation stellen sie nicht das System als Ganzes infrage, sie sind keine Kommunisten oder Ökofundamentalisten. Sie verstehen sich als taktierende Pragmatiker, als radikale Opportunisten und effiziente Optimisten, die unter dem Motto „Updating Germany“ kleine Schritte auf dem Weg zur Besserung suchen. Sie interessieren sich ganz unideologisch für die Ökonomie der Aufmerksamkeit: Wie bringe ich die Öffentlichkeit dazu, ein sinnvolles Projekt überhaupt anzuschauen? Zum Beispiel so wie der Schauspieler Brad Pitt und das Berliner Architektenbüro Graft, die mit pinkfarbenen Zelten ihr Hausbauprojekt im zerstörten New Orleans überdeutlich sichtbar machten.“
Die Zeit, 18.09.2008, Tobias Timm
„Borries ist 34 Jahre alt und damit der jüngste Generalkommissar, der je einen deutschen Pavillon in Venedig gestaltet hat. Auf dem Biennale Gelände wird er, zusammen mit seinem Partner Matthias Böttger, Projekte zum Thema Ökologie und Nachhaltigkeit zeigen. Doch mit Architektur im klassischen Sinn, mit hochgedämmten Gebäuden oder umweltfreundlichen Materialien beim Hausbau, hat das weniger zu tun als mit Ideen und Utopien.“
„Vielleicht ist es ja die Ernsthaftigkeit, die Friedrich von Borries sich bis heute bewahrt hat. Ironiefrei und gründlich ist sein Blick auf diese Alltagsphänomene und Menschen.“
Deutschlandradio Kultur, 11.09.2008, Marietta Schwarz
„ ‚ [...] diese unterschiedlichen Positionen zeigen wir in der Ausstellung.’ So was hört man häufig. Im deutschen Pavillon auf der Architekturbiennale stimmt es. Ganz glücklich haben Matthias Böttger und Friedrich von Borries vermieden, doch wieder Architektur zu zeigen, Lösungen zu präsentieren.“
WDR Scala, Jörg Biesler
„Der spektakuläre, von der Bundeskulturstiftung geförderte Entwurf eines Massenmausoleums, an dem auch weltberühmte Architekten wie Rem Koolhas und Ai Weiwei beteiligt sind, gehört zu den umstrittensten Projekten im deutschen Pavillon der 11. Internationalen Architekturausstellung der Biennale Venedig 2008, [...]. Die Pyramide soll mit Klischees deutscher Öko-Architektur aufräumen: ‚Deutschland kann mehr als glatte, perfekte Ingenieurtechnik’, meint Friedrich von Borries, einer der Kuratoren.
„Und plötzlich steht die Frage im Raum, ob das Kuratorenduo hier mit moralisch-aufklärerischem Anspruch antritt. ‚Ach, man hat uns schon so oft vorgeworfen, wir seien zu didaktisch’, sagt von Borries darauf und lacht. „Da haben wir uns gedacht, dann ziehen wir das auch durch und spielen ironisch mit der Lutherschen Maxime: ‚Wenn morgen die Welt unterginge, so würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.’“
DB Mobil, 10/2008, Kristina v. Klot
„Der Ausstellungsparcours im deutschen Pavillon [...] führt nicht auf ‚den (einen) richtigen Weg’ in die angestrebte bessere Zukunft – er hält ‚keine eindeutige Antwort’ bereit, sondern stellt ‚Fragen – an Architekten, Städtebauer, Designer, aber vor allem an die Besucher der Ausstellung’. Das ‚man über einige der vorgestellten Projekte und Ideen in ein paar Jahren lachen (wird), so wie wir heute über manche Technikvision der Moderne schmunzeln’, nehmen die Generalkommissare in Kauf. ‚Aber wahrscheinlich werden einige von ihnen rückblickend als Wegbereiter für ein neues Denken, vielleicht sogar eine neue Epoche, anerkannt’, glauben sie.“
Greenbuilding, 01/2008, Oliver G. Hamm
„’Updating Germany – Projekte für eine bessere Zukunft’ ist der visionäre dt. Beitrag zur Architekturbiennale.“
ELLE decoration, 6/2008